Was sich in unseren Breitengraden absurd anhören mag, ist für Finninnen und Finnen Alltag: In der Sauna zu kochen gehört im Ursprungsland der Schwitzhütte genauso dazu, wie in ihr Geburtstagsfeiern und Geschäftstreffen abzuhalten. Ob rustikale Bratwürste über dem Saunagrill oder sorgfältig zusammengestellte Gourmetmenus – in der Saunaküche ist fast alles möglich, was auch in einer normalen Küche gekocht werden kann.
Aus der Armut entstanden
Eines der bekanntesten europäischen Gerichte ist dem Erfindungsreichtum armer Leute zu verdanken. Die Pizza, die als belegter Teigfladen unter dem Namen «Pita» ihren Weg von Griechenland nach Italien gefunden hatte, wurde von der armen Bevölkerung rund um Neapel mit Tomaten belegt – einem Gemüse, dem bei seiner Einführung nach Europa um 1520 nachgesagt wurde, es sei giftig. Aus der Not der hungernden Bevölkerung ist die Pizza entstanden, das heutzutage wohl beliebteste Gericht der italienischen Küche.
Ähnlich (wenn auch etwas weniger bekannt) gestaltet sich die Erfindung der finnischen Saunaküche. Seit dem Auftauchen der ersten Saunas in Finnland wurde die Schwitzhütte nicht nur als Entspannungsort genutzt; stattdessen wurden in ihr Feierlichkeiten abgehalten, Kinder geboren und alltägliche Arbeiten verrichtet. Und gerade in den ärmeren Regionen Finnlands, die noch nicht so lange an ein Stromnetz angeschlossen sind, wurde das offene Feuer der Sauna auch häufig als Kochherd benutzt.
Finnische Bauernküche
Mittlerweile ist das Kochen über dem Saunaofen kein Zeichen von Armut und fehlender Stromversorgung mehr, sondern steht vielmehr für die Einfachheit der finnischen Bauernküche: Man nimmt, was die Natur hergibt (und das ist im nördlichen Finnland nicht immer viel) und bereitet es möglichst einfach und ohne Schnickschnack an Ort und Stelle zu. Da viele Saunahütten der Abkühlungsmöglichkeit wegen an Gewässern gebaut werden überrascht es deshalb kaum, dass der frisch gefangene Fisch kurzerhand über dem Ofen in der Sauna zubereitet wird. Ebenfalls beliebt in der einfachen Küche sind Grillwürste und Wurzelgemüse wie beispielsweise Knollensellerie.
Die Sauna als Gourmetrestaurant
Allerdings sind in der Saunaküche nicht nur simple Grillgerichte möglich. Mit etwas Übung und Erfindungsreichtum lassen sich in der Saunakabine wahre Gourmetmenüs zaubern, wie der berühmte finnische Koch Jyrki Tsutsunen beweist. Seiner Kochphilosophie entsprechend verwendet Jyrki ausschliesslich natürliche Produkte, die er in Finnlands weitläufiger Natur findet: Tannenzapfen, Fisch aus den zahlreichen Seen und sogar Waldameisen landen bei ihm auf dem Teller – und werden beim Entspannen in der Sauna nebenher zubereitet. Dabei entstehen Gerichte, die genauso gut der Speisekarte eines Fünf-Sterne-Restaurants entnommen sein könnten. Als Beispiel: Gedämpfter Sellerie mit Sonnenblumensprösslingen, marinierten Selleriestreifen und fermentierten Apfelstückchen, an Champignon-Zwiebel-Sauce und Kefir-Pinien-Rapsöl.
Geräuchertes aus der Rauchsauna
Einen ganz besonderen Geschmack wird den Gerichten in der Rauchsauna verliehen. Die finnische Rauchsauna (zu finnisch «Savussauna») ist die älteste und auch deutlich rustikalste Variante der Sauna. Hier wird die Saunahütte über eine freistehende Feuerstelle in der Mitte des Raumes erhitzt, als Rauchabzug dient eine Öffnung im Dach. Wird im Saunaofen ein Feuer entfacht, wird der Rauch also nicht direkt nach draussen geleitet, sondern sammelt sich erst in der Hütte. Als Folge davon riecht die gesamte Sauna – und auch ihre Besucher noch lange danach – nach Rauch. In der Saunaküche wird dieser Effekt bewusst genutzt, um den Speisen eine zusätzliche Rauchnote zu verleihen. Gekocht wird wie an einem Lagerfeuer: In Alufolie eingewickeltes Gemüse und Würste am Spiess werden in bzw. an die Glut gelegt und auf diese Weise langsam gar.
So wird in der Sauna gekocht
In der Sauna zu kochen ist weit weniger komplex, als man sich das vielleicht vorstellt. Im Groben funktioniert die Saunaküche ähnlich, wie eine normale Küche: Der Saunaofen selbst stellt den Ofen dar, die Steine fungieren als Herdplatte. Dabei ist es natürlich wichtig, dass es sich um einen echten Holzofen und nicht etwa die elektrische Variante handelt. Diese funktioniert für Eintopfgerichte zwar auch, als Kochofen kann man ihn allerdings nicht benutzen. Ebenfalls wichtig ist die Art des verwendeten Geschirrs. Hitzeresistente und ofenfeste Formen reichen nicht aus, stattdessen sollten sie feuerfest sein; hier eignet sich beispielsweise Gusseisen. Auch die Grillhandschuhe sollte man nicht vergessen, um die Form aus dem Ofen nehmen zu können.
Der Kochvorgang selbst gestaltet sich kaum anders als in der Küche zuhause. Der wohl wichtigste Unterschied: Genaue Zeitangaben sind am Holzfeuer unmöglich. Aus diesem Grund sollte der Koch bzw. die Köchin das Gericht nicht aus den Augen lassen. Wer sich selbst an der Saunaküche versuchen möchte, kann sich mit Eintöpfen langsam an die finnische Tradition herantasten – diese sind eher einfach nachzukochen und funktionieren auch über dem hierzulande üblichen elektrischen Ofen.
Quellen:
fi: Finnische Sauna-Küche: Die Garzeit kann variieren.
com: Finland’s alternative wild food chef!
ch: Auf der Sauna(koch)insel.
com: Die Geschichte der Pizza.